Klage: Erster Teilerfolg gegen Corona-Verordnung in Bayern
Der Bayerische Verfassungsgerichtshof setzt die Bußgeldbewehrung für den Mindestabstand im Bereich des Sports (§ 9 CVO) vorläufig außer Vollzug. Soweit der Eilantrag keinen Erfolg gehabt hat, wird Bundesverfassungsbeschwerde eingelegt.
(Hans U. P. Tolzin, 9.6.2020) Seit dem 24. April begleitet der von mir beauftragte Rechtsanwalt Dr. Uwe Lipinski aus Heidelberg mehrere Klagen gegen die aus meiner Sicht eindeutig verfassungswidrigen Corona-Verordnungen in verschiedenen Bundesländern.
Diese Klagen werden mit der Unterstützung zahlreicher Spender finanziert.
Im Zentrum der anwaltlichen Aktivitäten steht eine sogenannte Popularklage von mehreren Personen gegen die gesamte Corona-Verordnung im Freistaat Bayern. Am Montag, den 8. Juni 2020, hatte erstmals einer unserer Eilanträge zumindest teilweise einen Erfolg: Der Antrag gegen die inzwischen Fünfte Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung.
Die Bußgeldbewehrung für den Mindestabstand im Bereich des Sports, der durch § 9 der aktuellen bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (Corona-Verordnung - CVO) geregelt wird, wurde vom Bayerischen Verfassungsgerichtshof für vorläufig außer Vollzug gesetzt. Der Verfassungsgerichtshof sah hier einen evidenten Verstoß gegen den – strengen – strafrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz der Bayerischen Verfassung (Art. 104 I BV), weshalb der Eilantrag insoweit Erfolg hatte.
Nach Auskunft meines Rechtsanwalts ist dies vermutlich seit Gründung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs 1946/47 der allererste Teilerfolg in einem Bayerischen Popularklage-Eilverfahren gegen eine landesweit gültige Vorschrift. Auch hieran erkennt man die extrem restriktive Handhabung von Eilverfahrensanträgen in bayerischen Popularklageverfahren durch den Bayerischen Verfassungsgerichtshof.
Soweit der Eilantrag zurückgewiesen wurde, werden wir sofort in die Verfassungsbeschwerde gehen.
Bei dieser Gelegenheit sei erwähnt, dass wir zwischenzeitlich auch bereits gegen die Eilbeschlüsse des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 08.05.2020 und vom 15.05.2020 Verfassungsbeschwerde eingelegt haben. Hier rügen wir u. a., dass der Verfassungsgerichtshof bei einer kaum noch zählbaren Anzahl an Grundrechtsrügen, die der Verfassungsgerichtshof allesamt für zulässig und im Hauptsacheverfahren für sehr klärungsbedürftig hält, durchgehend nur eine Offensichtlichkeits-Prüfung vorgenommen hat; d. h., der Verfassungsgerichtshof prüft immer nur die Frage, ob eine unserer Rügen offensichtlich begründet sein könnte.
Dies halten wir in dieser Allgemeinheit und vor allem in dieser Anzahl nicht mehr mit dem Grundsatz effektiven Eilrechtsschutzes (Art. 19 IV 1 GG) und mit anderen Prozessgrundrechten für vereinbar.
Rechtsanwalt Dr. Lipinski:
„Soweit die Eilanträge mit Beschluss des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 08.06.2020 zurückgewiesen worden sind, werden wir eine Bundesverfassungsbeschwerde einreichen. Wir sind der Auffassung, dass sich der Bayerische Verfassungsgerichtshof mit zentralen Argumenten überhaupt gar nicht befasst hat. Wir sind insbesondere darüber verwundert, dass es offenbar in nahezu allen Bundesländern gar kein infektionsmedizinisches Problem ist, wenn Eheleute, Angehörige, eines Hausstandes sowie Angehörige eines weiteren Hausstandes sich in der Öffentlichkeit ohne Mindestabstand aufhalten dürfen, d.h. hier besteht insoweit keine Bußgeldandrohung, was in Ordnung ist.
Wenn das Ehepaar aber in den Gottesdienst geht, an einer genehmigten Demonstration teilnimmt oder nach § 13 III CVO gar eine Betriebskantine aufsucht, dann ist es, vermutlich aber nur im Freistaat Bayern, offenbar ein großes infektionsmedizinisches Problem, wenn das Ehepaar dort den Mindestabstand auch nicht einhält.
Letzteres ist dann im Freistaat Bayern bußgeldbewährt, es sei denn, dass das Ehepaar für die Nichteinhaltung des Mindestabstands im Gottesdienst oder auf der Demonstration zuvor eine Ausnahmegenehmigung von der Kreisverwaltungsbehörde beantragt und erhalten hat, wobei für den Besuch der Betriebskantine nach § 13 III CVO diese Ausnahmemöglichkeit noch nicht einmal theoretisch gegeben ist.
Dies sind nur wenige Beispiele für die verfassungsrechtliche Inkonsistenz der immerhin bußgeldbewehrten Regelungen der bayerischen Corona-Verordnung. Hier erhoffen wir uns vom Bundesverfassungsgericht eine genauere verfassungsrechtliche Prüfung.“
Wir werden den juristischen Weg mit Herrn Rechtsanwalt Dr. Lipinski weitergehen, vor allem auch im Hauptsacheverfahren. Wir fordern die Bayerische Staatsregierung auf, zur Popularklage in der Hauptsache unverzüglich Stellung zu beziehen und ihrer Prozessförderungspflicht nachzukommen. Bislang gibt es nur zwei Stellungnahmen der Staatsregierung zu den bisherigen Eilverfahren und eine bloße Ankündigung, noch im Hauptsacheverfahren Stellung nehmen zu wollen.
Die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (Aktenzeichen: Vf. 34-VII-20) ist auf der Webseite des Gerichts bei Erscheinen dieses Artikels noch nicht veröffentlicht.
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