Europäisches Gericht bestätigt Impfpflicht in Tschechien
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat am vergangenen Donnerstag die in Tschechien geltende Impfpflicht bestätigt - was in den sozialen Medien sofort heftige Diskussionen über die Auswirkungen auf Deutschland auslöste.
(Hans U. P. Tolzin, 9.4.2021) Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), entschied am 8. April über eine Menschenrechtsbeschwerde mehrerer Familien aus Tschechien, deren ungeimpften Kindern der Zugang zum Kindergarten verweigert wurde bzw. von den Behörden einen Bußgeldbescheid erhielten. Die tschechischen Gerichte - und nun auch das EGMR - hatten diese Entscheidungen bestätigt. Quelle
In den sozialen Medien begann sofort eine lebhafte Diskussion über die möglichen Auswirkungen dieses Urteils auf Deutschland.
Natürlich muss die Entscheidung zunächst erschrecken. Jedoch muss sie nicht automatisch Konsequenzen für Deutschland haben. Ein Gericht kann nämlich nur tatsächlich vorgetragene Argumente prüfen. Unterlässt es ein Kläger z. B. aus Unwissenheit, Unerfahrenheit oder Leichtsinn, wichtige Argumente vorzutragen, dann hat das zunächst den Nachteil, dass die Richter diese Argumente auch nicht prüfen können. Dies kann unter Umständen tatsächlich schon eine Tendenz in der Rechtsprechung setzen.
Andererseits können ähnliche Klagen mit umfangreicheren und besser vorbereiteten Beweisanträgen durchaus mehr Erfolg haben.
Soweit ich die Pressemeldung des Gerichts als juristischer Laie beurteilen kann, haben die klagenden Familien ohne weitere Beweisvorträge auf Artikel 8 (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens) und Artikel 9 (Gedankens-, Gewissens- und Religionsfreiheit) der Europäischen Menschenrechtskonvention gepocht, statt z. B. auch die Nutzen-Risiko-Abwägung, die einer jeden Impfstoffzulassung, öffentlichen Empfehlung und individuellen Verabreichung vorausgehen muss, zu thematisieren.
Und die konkret vorgenommenen Nutzen-Risiko-Abwägungen sind in der Regel aus streng wissenschaftlicher Sicht sehr fragwürdig – sofern man überhaupt von einer sachlichen Abwägung sprechen kann.
Das Beispiel zeigt, dass unter Umständen ein schlecht vorbereitetes Verfahren mehr Schaden anrichten kann, als wenn man gar nicht geklagt hätte. Deshalb ist es auch von zentraler Bedeutung, dass die klagenden Anwälte erstens motiviert, zweitens erfahren und drittens gut in das Thema eingearbeitet sind.
Der EGMR in Straßburg ist übrigens nicht zu verwechseln mit dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in Luxemburg. Während der EGMR auf der Grundlage der Europäischen Menschenrechtskonvention urteilt, befasst sich der EuGH mit der Auslegung der EU-Verträge.